Ein lauer Sommermorgen, ich rolle die Yogamatte am Strand aus, schnell gibt der Sand unter den Füßen nach, die Erdung fehlt – tut Yoga am Strand wirklich gut? Nachgefragt habe ich bei Lilla N. Wuttich, die als Physiotherapeutin und Yogalehrerin in Berlin arbeitet.

Lilla, im Sommer lockt das Meer – Yogabilder am Strand haben Hochkonjunktur: Nur ein schönes Sommermotiv oder tut Yoga am Strand wirklich gut?

Eine Naturkulisse mit Meeresrauschen ist natürlich verlockend und kann die Yogapraxis sehr bereichern, aber auch ablenken vom eigentlichen Sinn. Wenn die Konzentration von den Asanas abgezogen wird und wir nicht ganz bei uns und im Jetzt verankert sind, begleiten wir unsere Praxis nicht mit voller Präsens und Aufmerksamkeit für den Körper. Der meditative Charakter des Übens wird beeinträchtigt und die Verletzungsgefahr in komplizierteren Asanas erhöht sich. Am Strand ist der Untergrund nicht ganz eben, der Sand gibt unter den Füßen nach. Wir sind feste, ebene Böden gewöhnt und die Präzision der Körperarbeit geht durch kleine Differenzen in der Ausrichtung der Stellung schnell verloren.

Die Yogapraxis im Sand stellt höhere Anforderungen an uns und kann auch schnell keinen Spaß machen, wenn die Füße keine Erdung finden, die Matte „holprig“ wird und versandet. Dennoch: Das Rauschen des Meeres kann uns animieren, im Gleichklang zu atmen und die salzhaltige Meeresluft tut unseren Atemwegen gut. Die Weite des Meeres zaubert Raum in unseren Körper und Geist. Die Naturkulisse kann uns in der Sensibilität, die wir oft während einer Yogapraxis aufbauen, noch tiefer berühren und mit wunderbaren Eindrücken beschenken.

Tut Yoga am Strand wirklich gut?


„Die Yogapraxis im Sand kann auch schnell keinen Spaß machen, wenn die Füße keine Erdung finden, die Matte „holprig“ wird und versandet.”

Welche Asanas eignen sich für Yoga am Strand?

Die Asana-Auswahl für den Strand sollte, aus den oben erwähnten Gründen, eher einfach gehalten werden. Schön sind fließende Sequenzen, die im Optimalfall den Fluss des Atems und das Rauschen des Meeres miteinander verbinden. Das lässt ein ganz besonderes Gefühl des Getragenwerdens, der Verbundenheit mit der Natur und der universellen Kraft entstehen. Standstellungen, besonders Virabhadrasana 1 und 2, aber auch der Baum und der Adler bieten die Möglichkeit den Blick schweifen zu lassen und die Schönheit der Umgebung in sich aufzunehmen.

Welche sollten wir meiden und warum?

Meiden sollten wir nicht eine spezielle Asana, sondern vor allem den Ehrgeiz tief in Stellungen hineinzugehen und komplexe Asanas zu praktizieren. Yoga in der Natur bedeutet für mich fließen mit der Natur und nicht, sich in komplexen Stellungen verknoten. Grundsätzlich ist unsere Praxis von den Bedingungen abhängig, die wir vorfinden. Wenn es eine ebene Plattform direkt am Meer gibt und die Bodenbeschaffenheit der eines Yogastudios ähnelt, dann dürfen die Asanas auch etwas schwieriger sein, als mitten im Sand mit einer welligen Yogamatte.

 

Lilla N. Wuttich hat sich mit Ihrer Praxis „8chtsam: Anatomie- und Körperwerkstatt“auf die therapeutischen Bedürfnisse des Yoga spezialisiert. Lilla unterrichtet seit vielen Jahren Anatomie in Teachertrainings und Lehrerausbildungen, bietet eigene Retreats und Workshops zur angewandten Asana-Anatomie an. Beliebt und lange im Voraus ausgebucht ist Ihre Yogatherapie Ausbildung: www.lillawuttich.de.